Die Stadt Varel
Einige Menschen tragen Varel im Herzen, die meisten Deutschen in der Brieftasche:

Haben Sie Varel gefunden? Welche Bedeutung hat diese Skizze?
Ob Sie es glauben oder nicht, es ist nicht nur Lothar Meyer ein gebürtigerVareler; auch der große Mathematiker C.F. Gauß hat Varel im Sommer1825 einen Besuch abgestattet, als er mit der Landesvermessung in Niedersachsenbeauftragt war. Die Karte auf dem Zehnmarkschein ist ein Resultat dieserMessung.
Über den Besuch von C. F. Gauß wollen wir nun weitere Informationen liefern.
Die Triangulation des Königreichs Hannover durch
C. F. Gauß (1821- 1844)
Der Niederländer Willebrord Snel van Roien , der 1617 als erster ein Längengradstück
durch Triangulation maß, fand bald Nachahmer, die namentlich in Frankreich Gradbögen
nach seiner Methode bestimmten. Diese Messungen schienen zu ergeben, dass die Erde
an den Polen zugespitzt sei, während das inzwischen - etwa 1670 - entdeckte
Newtonsche Gravitationsgesetz verlangte, dass die Erde an den Polen abgeplattet
sei. Den Streit entschieden die beiden berühmten, durch die französische Akademie
der Wissenschaften veranstalteten Gradmessungen in Peru und Lappland zugunsten
Newtons. Diese großen und genauen Messungen lehrten, dass die
Meridiane untereinander nicht völlig gleich seien und dass einige wenige Messungen
nicht hinreichten, die nicht ganz regelmäßige Gestalt der Erde zu erfassen. Als
Folge der neu gewonnenen Erkenntnisse entstand bei den Astronomen der Wunsch, die
Erdkonstanten mit großer Genauigkeit zu ermitteln, denn nur mit ihrer Hilfe konnte
man die Dimensionen des Weltraums in einem unserer unmittelbaren Anschauungen
zugänglichen Maß angeben. Es war also wichtig, an möglichst vielen Stellen der
Erde solche Messungen zu veranstalten, und ein Blick in die Fachliteratur des
ausgehenden 18. Jhds. zeigt, dass sich die Astronomen mit wahrem Feuereifer
dieser neuen und grundlegenden Bestimmung annahmen. Kein Wunder, dass der junge
Gauß schon fr¨h mit diesen Problemen Bekanntschaft machte, als er sich
nach beendetem Studium astronomischen Aufgaben zuwandte.
1803-1805 machte er zu seiner Übung mit einem Sextanten eine kleine Triangulation in
der Umgebung Braunschweigs und hatte 1805 Gelegenheit, Arbeitsweise und Instrumente
Epaillys bei dessen Beobachtungen auf dem
Andreasturm in Braunschweig kennenzulernen. Das Jahr 1808 führte ihn mit dem Manne
zusammen, der später den entscheidenden Anstoß zu Gauß' geodätischen Arbeiten gab,
mit Heinrich Christian Schumacher. Dieser kam zu Gauß, um bei
ihm in der praktischen und theoretischen Astronomie "seine letzte Ausbildung" zu
erhalten. Daß dabei auch die Geodäsie in den Kreis der Arbeiten einbezogen wurde,
zeigen Winkelmessungen, die beide mit dem Sextanten im Mai 1809 in der Umgebung
Göttingens ausführten. 1813 erhält Gau&szli; für die Sternwarte einen Reichenbachschen
achtzölligen Theodoliten, den er sofort zu Winkelmessungen in der Umgebung Göttingens
benutzt. 1816 ist er bereits im Besitz einer eigenen Methode, "die gemessenen Dreiecke
im Calcul zu behandeln", und hat sich "viele Mühe gegeben,... die von Epailly im
Hannöverschen gemessenen Winkel zu erhalten, ein Zeichen, daß er sich ernsthaft mit
Landesvermessungsgedanken trug.
So war Gauß theoretisch und praktisch bereits mit der Materie gut vertraut, als ihm im
Juni 1816 Schumacher berichtete, daß sein Landesherr, der dänische König, eine
Gradmessung durch sein Land angeordnet habe. Er legte Gauß nahe, die Fortsetzung durch
Hannover zu Übernehmen. Dieser nahm die Nachricht mit großer Freude auf und
beglückwünschte Schumacher zu der "herrlichen großen Unternehmung", im Augenblick
könne er aber den Wunsch zur Fortsetzung durch Hannover "noch nicht in Anregung bringen,
da erst die Astronomie [die neu erbaute Sternwarte] selbst noch so großer Unterstützung
bedarf". Schumacher sprang ein und rief durch persönliche Unterhandlung mit dem
hannoverschen Minister von Arnswaldt das Interesse an der Gradmessung wach, mit dem
Erfolg, daß Gauß zunächst 1818 beauftragt wurde, die zum Anschluß an die Schumacherschen
Dreiecke notwendigen Winkel auf dem Michaelisturm in Lüneburg zu messen. 1819 erreichte
Schuhmacher, daß der Minister für die hannöverschen Angelegenheiten, Graf Münster, Gauß
aufforderte, sich eingehend zum Plan und zu den Kosten der Gradmessung zu äußern.
Ein weiteres Mal mußte sich Schumacher einschalten, um mit Hilfe des dänischen
Königs, der sich nach London wandte, Gauß' Teilnahme an der dänischen Grundlinienmessung
bei Braak (10 km nordöstlich von Hamburg), die im September-Oktober 1820 stattfinden sollte,
zu erwirken. Vorher noch trat aber endlich der ersehnte Erfolg ein, denn am 9. Mai 1820
ordnete König Georg IV. die Fortsetzung der dänischen Gradmessung durch das Königreich
Hannover an.
Hier eine Kopie des Originalauftrags von Georg IV.

Übersetzung in lateinische Schrift
Trotzdem also der Gedanke, die Gradmessung zu einer Landesvermessung auszuweiten, schon
zu Beginn ausgesprochen worden war, hatte Gauß, der von sich in dem Briefe an Schumacher
vom 4. Mai 1837 bekennt "es ist mir von jeher nichts so sehr zuwider gewesen, als etwas zu
tun, was wie eine Aufdringlichkeit angesehen werden könnte", Scheu von sich aus den ersten
Schritt zu tun. Er bat daher über den Bremer Senat die hannoversche Regierung zur
Erweiterung nach Westen. Die Folge war ein Promemoria von Olbers, das durch
den Senat der hannoverschen Regierung zugeleitet wurde, und in dem Olbers; darauf hinweist,
daß Hannover über kurz oder lang für Katasterzwecke ein Dreiecksnetz anlegen müsse, das jetzt
wegen der bereits vorhandenen Organisation und Instrumente wesentlich billiger geschaffen
werden könne. In Gauß' Stellungnahme hierzu, die er am 7. Januar 1824 der hannoverschen
Regierung abgibt, ist seine Bemerkung zur Kostenfrage für ihn kennzeichnend:
"Alles, was ein gewissenhafter Mann versprechen kann, ist alle Operationen nach Möglichkeit
zum besten Eingreifen ineinander anzuordnen, und bei der Ausführung keinen Tag ungenutzt
zu lassen. Dies ist der Grundsatz gewesen, welchen der Unterzeichnete bei den von ihm
1821, 1822, 1823 ausgeführten Operationen stets vor Augen gehabt hat."
Am 8. März 1324 wurde Gauß mit der Fortsetzung der Gradmessung nach Westen bis zum
Anschluß an die holländischen Dreiecke des Generals Krayenhoff beauftragt. Am 18. Mai reiste
Gauß von Göttingen ab, um auf dem Falkenberge anzuschließen. Die Stadt Bremen hatte Klüver
als Gehilfen abgestellt. Da hierdurch in diesem Jahre vier Heliotrope eingesetzt werden konnten,
schritten die Arbeiten rasch voran. Nacheinander wurden Elmhorst, Bullerberg, Bottel,
Brüttendorf, Bremen Ansgariusturm, Garlste, Brillit, Zeven, Steinberg, Litberg, Wilsede besetzt,
wo Gauß am 24. Oktober seine Messungen beendete. Sechs Wochen hatte er sich in diesem
Jahre in Bremen aufgehalten, wo ihn der tägliche Umgang mit dem vertrauten Freunde Olbers für
die Mühen der Arbeiten entschädigte. In Zeven hatte er Besuch von Olbers, Schumacher und
Repsold erhalten.
Im Jahre 1825 sollten die Messungen, die im Vorjahre verspätet begonnen hatten, weil Müller
und Hartmann von ihren militärischen Verpflichtungen nicht früher freikommen konnten,
rechtzeitig anfangen. Am 19. April 1825 reiste Gauß von Göttingen ab und traf nach kurzem
Aufenthalt in Hannover, wo er bei den Ministerien vorsprach und den Generalgouverneur, den
Herzog von Cambridge, aufsuchte, am 24. April in Zeven ein. Auf der Reise hatte er in
Rotenburg ein kurzes Zusammentreffen mit Bessel, Schumacher, Hansen, Repsold und Thune.
Wegen der abgehenden Post konnte das Zusammensein aber zum allgemeinen Bedauern nur
wenige Minuten dauern. Die Arbeiten begannen zunächst mit Wiederholung von
Winkelmessungen auf Zeven, Bremen und Garlste. Es folgten die Stationen Bremerlehe, Varel,
Langwarden, Jever, wodurch mit der Seite Jever - Varel der Anschluß an Krayenhoffs Dreiecke
erreicht war. Nach Erledigung einiger Ergänzungsmessungen auf Brillit kehrte Gauß am 10.
August wieder nach Göttingen zurück. Eine Erholungsreise im Herbst, die er mit seiner Frau
nach Süddeutschland unternahm, und auf der er seine wissenschaftlichen Freunde Gerling,
Nikolai, Lindenau, Eckhardt, Bohnenberger und Wurm sah, beschloß dieses Jahr, mit dem,
Gauß selbst noch nicht bewußt, das Ende der eigenen Messungstätigkeit gekommen war.
Vareler Schlosskirche, einer der Meßpunkte von Gauß
Karte die nach den Messungen von Gauß entstanden ist
Falls Sie Fragen haben:E-Mail: Internet-AG
Zurück zur Hauptseite
Diese Seite wurde mit freundlicher Unterstützung des Katasteramtes in Varel
und des Niedersächsischen Landesverwaltungsamtes - die uns auch ihr Material zur
Verwendung zur Verfügung stellten - erstellt von Lars Kuhlmann, Hendrik Hoffstedde und Frieder Fuhrmann